Eine „allgemeine Anmerkung aus deren Gesprächen“ (vom 6. Mai) demonstriert das erschreckend niedrige argumentative Niveau, mit dem Gorleben-Befürworter in der Arbeitsgemeinschaft 3 der Endlagerkommission herumeiern und versuchen, die Anträge des Geologen Appel und des niedersächsischen Umweltministers Wenzel zu blockieren.
Die AG3 soll Kriterien und Mindestanforderungen formulieren, die an einen Endlagerstandort gestellt werden müssen. Kurz vor Abgabe des Abschlussberichtes hat sie sich aber immer noch nicht in die Frage einigen können, ob über dem „einschlußwirksamen Gebirgsbereich“ ein wasserdichte schützende Gesteinsschicht liegen muss. Früher war die Antwort ein klares „Ja“ – bis sich herausstellte, dass die Deckschicht über dem Salzstock Gorleben-Rambow keineswegs wasserdicht ist. Seitdem versuchen die Gorleben-Befürworter in Politik und Atomlobby mit immer neuen Konstruktionen, ein Deckgebirge für überflüssig zu erklären.
Ein Deckgebirge ist speziell für die Einlagerung von heißem hochradioaktivem Atommüll in Salzgestein wichtig, weil eindringendes Wasser zu unabsehbaren Komplikationen führen könnte. Das erste Argument der Gorlebenfreunde in der AG3 lautet dementsprechend: Dann müssten wir für die die anderen Gesteinsformationen aber auch ein Deckgebirge vorschreiben:
„Die Festlegung eines Kriteriums nur für einen bestimmten Wirtsgesteinstyp sollte ausgeschlossen werden, insbesondere dann, wenn das Kriterium auch für andere Wirtsgesteinstypen von Bedeutung sein könnte. Für das hier vorgeschlagene Kriterium Deckgebirge trifft dies zu, weil z.B. für Ton das Deckgebirge eine wesentliche Bedeutung für das Risiko von Dekompaktion hat.“
„Zum Beispiel“! Es gibt also einige Gründe für die sicherheitsrelevante Bedeutung eines Deckgebirges! Die werden allerdings nicht näher erläutert. Stattdessen wird die „Balance“ ins Feld geführt:
„Durch einseitige Einführung eines Kriteriums für Salzstöcke wird die Balance des Abwägungsprozesses gestört.“
Das klingt nicht besonders wissenschaftlich, eher nach einer Störung im Gefühlsleben. Übersetzt: Wenn man es Salzstöcken schwer macht, ist das ungerecht gegenüber Ton und Granit.
„Auch wenn das Kriterium eine Bedeutung für Salzstöcke haben sollte, müsste es auch für Tonstein und Kristallingestein definiert und spezifiziert werden. Dies ist aber aus Expertensicht aufgrund der vorhandenen Datenlage bzw. des Wissens so heute nicht möglich und könnte eventuell nur nach weiteren längeren Untersuchungen erfolgen.“
Eben wurde aber noch behauptet, das Deckgebirge habe wesentliche Bedeutung unter anderem auch für Ton. Und nun soll das Wissen darüber angeblich so ungenügend sein, dass man die Bedeutung nicht beschreiben kann? Einerseits ja, andererseits irgendwie doch nicht:
„Auf das Kriterium kann jedoch gänzlich verzichtet werden, da es schon durch die Sicherheitsbetrachtungen im Rahmen der Analyse der Robustheit des Endlagersystems im Prozessverlauf bewertet wird.“
Nach welchen Kriterien bewerten diese Sicherheitsbetrachtungen denn ein Deckgebirge, wenn die vorhandene Datenlage und das Expertenwissen eigentlich nicht ausreicht?
„Auch die betonte Relevanz eines Deckgebirges für die ersten 15.000 Jahre (Vorschlag Minister Wenzel), die als Begründung für das Kriterium herangezogen wird, ist aus fachlicher Sicht nicht nachvollziehbar und ein entsprechendes Kriterium wird daher abgelehnt.“
Begründen muss man eine solche Abkanzelung offensichtlich nicht. Behauptung reicht.
„Zur Berücksichtigung einer möglichen Subrosion bei Salzstöcken wurde die Mindestanforderung „Minimale Teufe des ewG“ (siehe Kapitel 4.3) einvernehmlich um die Forderung nach einer 300 m mächtigen Salzschwebe unmittelbar angrenzend über dem ewG für den Wirtsgesteinstyp „Steinsalz in steiler Lagerung“ erweitert. Eine Notwendigkeit von weiteren Kriterien zur Berücksichtigung der Subrosion sehen die Verfasser dieses Klammertextes aufgrund der o.g. Gründe aus fachlicher Sicht weiterhin nicht.“
Die 300m dicke Salzschwebe wäre dann eine Mindestanforderung allein für das Wirtsgestein Salz. Im Gegensatz zum Deckgebirge, das die „Balance des Abwägungsprozesses stören“ würde, ist das aber okay. Warum? Deswegen:
„Zusammenfassend ist festzustellen, dass die Anwendung von nicht sicherheitsgerichteten Mindestanforderungen und Abwägungskriterien die erhebliche Gefahr birgt, dass eignungshöffige Standorte frühzeitig aus dem Verfahren ausscheiden könnten.“
Insbesondere die erhebliche Gefahr, dass Gorleben mit seinem schlechten Deckgebirge frühzeitig ausscheiden würde…